»Herbsttag« von Rainer Maria Rilke
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin, und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. »Herbsttag« von Rainer Maria Rilke »Herbsttag« ist ein symbolistisches Gedicht von Rainer Maria Rilke, das er im Jahre 1902 schrieb. Es findet sich in seinem Gedichtband »Das Buch der Bilder« und beschreibt in drei Strophen den Übergang von Sommer zum Herbst. Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke, österreichischer Erzähler und Lyriker; gilt als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne. Quelle: Rilke, Die Gedichte. Nach der von...