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Es werden Posts vom Juni, 2021 angezeigt.

»Selige Sehnsucht« Johann Wolfgang von Goethe

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Sagt es niemand, nur den Weisen, Weil die Menge gleich verhöhnet, Das Lebend'ge will ich preisen, Das nach Flammentod sich sehnet. In der Liebesnächte Kühlung, Die dich zeugte, wo du zeugtest, Überfällt dich fremde Fühlung, Wenn die stille Kerze leuchtet. Nicht mehr bleibest du umfangen In der Finsternis Beschattung, Und dich reißet neu Verlangen Auf zu höherer Begattung. Keine Ferne macht dich schwierig, Kommst geflogen und gebannt, Und zuletzt, des Lichts begierig, Bist du, Schmetterling, verbrannt. Und solang du das nicht hast, Dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trüber Gast Auf der dunklen Erde. »Selige Sehnsucht« Johann Wolfgang von Goethe

»Mittag« von Theodor Fontane

Am Waldessaume träumt die Föhre. Am Himmel weiße Wölkchen nur. Es ist so still, daß ich sie höre, die tiefe Stille der Natur. Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen, die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach. Und doch, es klingt, als ström' ein Regen leis tönend auf das Blätterdach. »Mittag« von Theodor Fontane

»Hoffnung« von Friedrich von Schiller

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»Es reden und träumen die Menschen viel von bessern künftigen Tagen; nach einem glücklichen, goldenen Ziel sieht man sie rennen und jagen. Die Welt wird alt und wird wieder jung, doch der Mensch hofft immer Verbesserung. Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, sie umflattert den fröhlichen Knaben, den Jüngling locket ihr Zauberschein, sie wird mit dem Greis nicht begraben; denn beschließt er im Grabe den müden Lauf, noch am Grabe pflanzt er – die Hoffnung auf. Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn, erzeugt im Gehirne des Toren, im Herzen kündet es laut sich an: zu was Besserm sind wir geboren. Und was die innere Stimme spricht, das täuscht die hoffende Seele nicht.« »Hoffnung« von Friedrich von Schiller

»Beruhigung« von Wilhelm Raabe

Auf alle Höhen, Da wollt' ich steigen, Zu allen Tiefen Mich niederneigen. Das Nah' und Ferne Wollt ich erkünden, Geheimste Wunder Wollt' ich ergründen. Gewaltig Sehnen, Unendlich Schweifen, Im ew'gn Streben Ein Niedergreifen - Das war mein Leben. Nun ist's geschehen; - Aus allen Räumen Hab' ich gewonnen Ein holdes Täumen. Nun sind umschlossen Im engsten Ringe, Im stillsten Herzen Weltweite Dinge. Lichtblauer Schleier Sank nieder leise; In Liebesweben Goldzauberkreise - Ist nun mein Leben. /blockquote> »Beruhigung« von Wilhelm Raabe

»Nachtzauber« von Joseph von Eichendorff

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Hörst du nicht die Quellen gehen Zwischen Stein und Blumen weit Nach den stillen Waldesseen, Wo die Marmorbilder stehen In der schönen Einsamkeit? Von den Bergen sacht hernieder, Weckend die uralten Lieder, Steigt die wunderbare Nacht, Und die Gründe glänzen wieder, Wie dus oft im Traum gedacht. Kennst die Blume du, entsprossen In dem mondbeglänzten Grund? Aus der Knospe, halb erschlossen, Junge Glieder blühend sprossen, Weiße Arme, roter Mund, Und die Nachtigallen schlagen, Und rings hebt es an zu klagen, Ach, vor Liebe todeswund, Von versunknen schönen Tagen - Komm, o komm zum stillen Grund! »Nachtzauber« von Joseph von Eichendorff Gedichte von Joseph von Eichendorff und Bilder von Caspar David Friedrich passen so wunderbar zusammen.

»Die Liebe« von Else Lasker - Schüler

Verstecke mich in deinem Süßblut Nähe mich in den Saum deiner Haut ein. Immer tragen wir Herz vom Herzen uns zu. Pochende Naht Hält unsere Schwellen vereint. In einem Garten, der steinern steht - Er wird es in einen reißenden Fluß werfen. Mir bangt vor der Nacht Daran kein Stern hängt. Denn unzählige Sterne meines Herzens Vergolden deinen Blutspiegel. Liebe ist aus unserer Liebe vielfältig erblüht Wo mag der Tod mein Herz lassen? »Die Liebe« von Else Lasker - Schüler