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Es werden Posts vom Mai, 2021 angezeigt.

»Ablösung« von Joseph Freiherr von Eichendorff

Wir saßen gelagert im Grünen, So traulich und lustig gesellt, Die Lichter des Frühlings schienen Hold spielend durchs grüne Gezelt. Im Frühlingsglanz still auf und nieder Ergingen der Frauen sich viel, Und liebliche Augen und Lieder, Sie hielten ein herzliches Spiel. Und unten von Tälern und Flüssen Ein schallendes, wirrendes Reich – O freudiges, erstes Begrüßen Von Leben und Lieben zugleich! Verlassen nun stehen die Räume, Es schauen und rauschen allein Die groß gewordenen Bäume So ernst in die Stille herein. Von allen, die dort sonst gesessen, Es sehnet sich niemand hierher, Sie haben den Frühling vergessen, Kennt keiner den anderen mehr. Und wie ich so sinn, da erwachen Die alten Lieder in mir! Da hör ich auf einmal ein Lachen Und Schallen im grünen Revier. Und fröhliche Lieder erklangen Aus Herzensgrunde so recht, Und unter den Bäumen ergangen Erblick ich ein ander Geschlecht. Geöffnet bleibt ewig zum Feste Des Frühlings lustiges Haus, Es schw

»Die zwei Gesellen« von Joseph von Eichendorff

Es zogen zwei rüstge Gesellen Zum erstenmal von Haus, So jubelnd recht in die hellen, Klingenden, singenden Wellen Des vollen Frühlings hinaus. Die strebten nach hohen Dingen, Die wollten, trotz Lust und Schmerz, Was Rechts in der Welt vollbringen, Und wem sie vorübergingen, Dem lachten Sinn und Herz. - Der erste, der fand ein Liebchen, Die Schwieger kauft´ Hof und Haus; Der wiegte gar bald ein Bübchen, Und sah aus heimlichem Stübchen Behaglich ins Feld hinaus. Dem zweiten sangen und logen Die tausend Stimmen im Grund, Verlockend´ Sirenen, und zogen Ihn in der buhlenden Wogen Farbig klingenden Schlund. Und wie er auftaucht vom Schlunde, Da war er müde und alt, Sein Schifflein das lag im Grunde, So still wars rings in der Runde, Und über die Wasser wehts kalt. Es singen und klingen die Wellen Des Frühlings wohl über mir; Und seh ich so kecke Gesellen, Die Tränen im Auge mir schwellen - Ach Gott, führ mich liebreich zu Dir! »Die zwei Gesellen« von Jo

»Zweifelnder Wunsch« von Nikolaus von Lenau

Wenn Worte dir vom Rosenmunde wehen, Bist du so schön! - gesenkten Angesichts Und still, bist du so schön! - was soll ich flehen: O rede mir!? o sage nichts!? Drum laß mich zwischen beiden Himmeln schwanken, Halb schweigend, sprechend halb, beglücke mich Und flüstre mir, wie heimlich in Gedanken, Das süße Wort: "ich liebe dich!" »Zweifelnder Wunsch« von Nikolaus von Lenau

»Gottlob, dass ich auf Erden bin« von Novalis

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Gottlob! daß ich auf Erden bin Und Leib und Seele habe; Ich danke Gott in meinem Sinn Für diese große Gabe. Der Leib ist mir doch herzlich lieb Trotz seiner Fehl und Mängel, Ich nehme gern mit ihm vorlieb Und neide keinen Engel. Ich küsse gern mein braunes Weib Und meine lieben Kinder, Und das tut wahrlich doch mein Leib, Und mir ist es gesünder, Als wenn ich mit Philosophie Die Seele mir verdürbe, Denn ein klein wenig Not macht sie, Die liebe Weisheit, mürbe. Novalis, deutscher Schriftsteller und Philosoph (1772 - 1801)

»Der Zauberlehrling« von Johann Wolfgang von Goethe

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Hat der alte Hexenmeister Sich doch einmal wegbegeben! Und nun sollen seine Geister Auch nach meinem Willen leben. Seine Wort' und Werke Merk ich, und den Brauch, Und mit Geistesstärke Thu' ich Wunder auch. Walle! walle Manche Strecke, Daß, zum Zwecke, Wasser fließe, Und mit reichem vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergieße. Und nun komm, du alter Besen! Nimm die schlechten Lumpenhüllen; Bist schon lange Knecht gewesen; Nun erfülle meinen Willen! Auf zwei Beinen stehe, Oben sei ein Kopf, Eile nun und gehe Mit dem Wassertopf! Walle! walle Manche Strecke, Daß, zum Zwecke, Wasser fließe, Und mit reichem vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergieße. Seht, er läuft zum Ufer nieder! Wahrlich! ist schon an dem Flusse, Und mit Blitzesschnelle wieder Ist er hier mit raschem Gusse. Schon zum zweitenmale! Wie das Becken schwillt! Wie sich jede Schale Voll mit Wasser füllt! Stehe! stehe! Denn wir haben Deiner Gaben Vollgemessen! -\-\ Ac