Posts

Es werden Posts vom Mai, 2022 angezeigt.

»Mailied« von Johann Wolfgang von Goethe

Bild
Wie herrlich leuchtet mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur! Es dringen Blüten aus jedem Zweig und tausend Stimmen aus dem Gesträuch. Und Freud und Wonne aus jeder Brust. O Erd, o Sonne! O Glück, o Lust! O Lieb, o Liebe! So golden schön, wie Morgenwolken auf jenen Höhn! Du segnest herrlich das frische Feld, im Blütendampfe die volle Welt. O Mädchen, Mädchen, wie lieb ich dich! Wie blinkt dein Auge! Wie liebst Du mich! So liebt die Lerche Gesang und Luft, und Morgenblumen den Himmelsduft, wie ich dich liebe mit warmem Blut die du mir Jugend und Freud und Mut zu neuen Liedern und Tänzen gibst. Sei ewig glücklich, wie du mich liebst! »Mailied« von Johann Wolfgang von Goethe

»Wiegenlied« von Clemens Brentano

Singet leise, leise, leise, singt ein flüsternd Wiegenlied; von dem Monde lernt die Weise, der so still am Himmel zieht. Singt ein Lied so süß gelinde, wie die Quelle auf den Kieseln, wie die Bienen um die Linde summen, murmeln, flüstern, rieseln. »Wiegenlied« von Clemens Brentano

»Würde der Frauen« von Friedrich Schiller

Bild
Ehret die Frauen! sie flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische Leben, Flechten der Liebe beglückendes Band, Und in der Grazie züchtigem Schleier Nähren sie wachsam das ewige Feuer Schöner Gefühle mit heiliger Hand. Ewig aus der Wahrheit Schranken Schweift des Mannes wilde Kraft; Unstät treiben die Gedanken Auf dem Meer der Leidenschaft; Gierig greift er in die Ferne, Nimmer wird sein Herz gestillt; Rastlos durch entlegne Sterne Jagt er seines Traumes Bild. Aber mit zauberisch fesselndem Blicke Winken die Frauen den Flüchtling zurücke, Warnend zurück in der Gegenwart Spur. In der Mutter bescheidener Hütte Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte, Treue Töchter der frommen Natur. Feindlich ist des Mannes Streben, Mit zermalmender Gewalt Geht der wilde durch das Leben, Ohne Rast und Aufenthalt. Was er schuf, zerstört er wieder, Nimmer ruht der Wünsche Streit, Nimmer, wie das Haupt der Hyder Ewig fällt und sich erneut. Aber, zufrieden mit stillerem

»Alle Menschen seh ich leben« von Novalis

Bild
Alle Menschen seh ich leben Viele leicht vorüberschweben Wenig mühsam vorwärtsstreben Doch nur Einem ists gegeben Leichtes Streben, schwebend leben. Wahrlich der Genuß ziemt Toren In der Zeit sind sie verloren, Gleichen ganz den Ephemeren[.] In dem Streit mit Sturm und Wogen Wird der Weise fortgezogen Kämpft um niemals aufzuhören Und so wird die Zeit betrogen Endlich unters Joch gebogen Muß des Weisen Macht vermehren. Ruh ist Göttern nur gegeben Ihnen ziemt der Überfluß Doch für uns ist Handeln Leben Macht zu üben nur Genuß. »Alle Menschen seh ich leben« von Novalis Novalis-Gdichte: Gedichte von Novalis